Die Idee der Genossenschaft als Weltkulturerbe

27.08.2014

Banken, Dienstleistungen und natürlich der Wohnungsbau – in fast jeder großen Sparte gibt es Genossenschaften. Was im 19. Jahrhundert in Sachsen und Rheinland-Pfalz seinen Ursprung nahm, hat mittlerweile einen Siegeszug um den Erdball angetreten. Heute sind weltweit etwa 700 Millionen Menschen Mitglieder einer Genossenschaft.

Das war 1847 längst nicht absehbar. Friedrich Wilhelm Raiffeisen wollte damals lediglich der Landbevölkerung helfen, günstig Baugrund und Saatgut zu beschaffen. Für Hermann Schulze-Delitzsch standen zur selben Zeit vor allem die Handwerker im Fokus. Beide Männer folgten dem Credo „Einer für alle – alle für einen.“ Sie bündelten die Möglichkeiten der Mitglieder und bewie- sen die Gültigkeit des Satzes, wonach das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Denn durch die Gemeinschaft wurden beispielsweise die Anschaffung von Landmaschinen oder die Gewährung von Krediten möglich. Auch wenn die konkreten Ziele heute andere sind: Der Grundgedanke ist derselbe geblieben. Wenn Sie Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft werden, hinterlegen Sie zu Beginn eine Genossenschaftseinlage. Gemeinsam mit den Einlagen der weiteren Mitglieder verfügen wir dann über die Möglichkeiten, Wohnraum in Ihrem Sinne zu gestalten – preiswert und hochwertig, losgelöst vom reinen Profitstreben. Diese Grundprinzipien gelten auch für eine Vielzahl weiterer Genossenschaften in unterschiedlichsten Branchen. Insgesamt gibt es in Deutschland mehr als 7.500 Genossenschaften und genos- senschaftliche Unternehmungen. Mehr als 2.000 davon sind Wohnungsgenossenschaften. Doch auch in Branchen, in denen man es zunächst weniger vermuten würde, floriert der genossenschaftliche Gedanke: Wussten Sie etwa, dass das große EDV-Unternehmen Datev eine Genossenschaft ist? Professor Dieter Kempf, Vorstandsvorsitzender der Datev eG sagt: „In einer Genossenschaft ist es leichter, dem Handeln eine langfristige Ausrichtung zu geben, anders als in einer Aktiengesellschaft, wo Märkte oder Marktmacher bisweilen nur schnelle Gewinne sehen wollen.“ Insbesondere nach der jüngsten Finanzkrise wurde klar, dass genau dieses Prinzip stärker gefördert werden muss. Inzwischen wurde daher bei den Vereinten Nationen beantragt, die Genossenschaftsidee als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe zu würdigen. Prominente Unterstützer dieses Vorhabens sind der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und Papst Franziskus. Beide sehen in Genossenschaften ein Mittel zur weltweiten Hungerbekämpfung, zu wirtschaftlichem Wohlstand und sozialem Ausgleich.

Kooperation lohnt sich auch unter Genossenschaften

Was für Mitglieder innerhalb einer Genossenschaft gilt, gilt auch für die Genossenschaften untereinander: Gemeinsam ist man stärker. Daher ist es nur konsequent, wenn Genossenschaften zusammenarbeiten. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Kooperation, die viele Stuttgarter Wohnungsgenossenschaften mit der Volksbank Stuttgart – die ebenfalls genossenschaftlich organisiert ist – eingegangen sind. Das Ziel: Wohnungsgenossenschaften und Volksbank sollen sich gegenseitig stärken. Dazu gehört etwa, dass die jeweiligen Mitglieder in den Unternehmensmedien über die Partner informiert werden oder dass die Volksbanken Flyer der Wohnungsgenossenschaften auslegen. Ein guter Anfang und ein Projekt, das hoffentlich Schule macht, damit sich der Erfolg des genossenschaftlichen Gedankens fortsetzt – ob mit oder ohne Status als Weltkulturerbe.

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