Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben – interessante Möglichkeiten, dem knappen Wohnraum in Deutschland zu begegnen

Fakten & Infos · 25.07.2019 · Von Mona Ahmed

Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben – interessante Möglichkeiten, dem knappen Wohnraum in Deutschland zu begegnen

Zuverlässiges, preislich faires und sicheres Wohnen - dafür stehen wir Wohnungsbaugenossenschaften schon seit über 100 Jahren. Neben Wohnungen des freien Marktes und Genossenschaftswohnungen gibt es diverse andere, teils ungewöhnliche Formen des Zusammenlebens, die sich in jüngster Zeit immer größerer Beliebtheit erfreuen. Ob Runde Tische mit Stadtplanern und Politikern, ob Townhall-Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Dialogforen mit Anwohnern, ob Proteste gegen ‚Miethaie‘ oder Demonstrationen für bezahlbare Mieten – allen Aktionen ist gemein, dass sie für das Problem des immer knapper werdenden Wohnraums Lösungen suchen. Gerade in Zeiten, in denen Kreativität und innovative Lösungen wichtig sind, wollen wir unseren Blick heute einmal schweifen lassen und einige teils sehr ungewöhnliche Wohnformen vorstellen, die auch  in dem anregenden Buch Einfach anders wohnen von Architekturjournalist Daniel Fuhrhop zu finden sind. 

Weniger ist Mehr – Tiny Houses

Ein Trend, dem knappen Wohnraum und den teils horrenden Mieten etwas entgegenzusetzen, sind Tiny Houses. Sie gehören zu den kleinsten unter den Minihäusern, kein Wunder, dass sie auch als Kleinst- oder Mikrohaus bezeichnet werden. Eines der bekanntesten Tiny Houses Deutschlands ist wohl der Bauwagen von Peter Lustig Löwenzahn aus der gleichnamigen Kinderserie, das zeigt, dass es nicht unbedingt die Anzahl der Quadratmeter ist, die die Lebensqualität ausmacht. Das Zeitgemäße an Tiny Houses ist, dass sie kaum Baugrund wegnehmen und dass sowohl für deren Bau als auch deren Nutzung besonders wenige Ressourcen in Anspruch genommen werden, der ‚ökologische Fußabdruck‘ also geringgehalten wird. Viele der Bauten verfügen über Solarpaneele, Regenwasser-Auffanganlagen und Bio-Toiletten. In Hannover soll im Stadtteil Burg bis 2025 ein ganzes Eco-Village entstehen.

Cluster-Wohnungen

Cluster-Wohnungen sind zurzeit sehr angesagte Wohnungstypologien, bei denen der Wunsch nach Privatheit mit dem Bedürfnis nach Leben in Gemeinschaft kombiniert wird. Wer sich keine hohe Miete leisten kann oder will, aber trotzdem eine großzügige Wohnfläche zur Verfügung haben möchte, ist mit diesem Modell gut beraten, bei dem die gemeinsame Nutzung von Gemeinschaftsflächen ein integraler Bestandteil ist: Die Cluster- oder Satellitenwohnung ist eine kleine, selbstständige Wohn-Teileinheit, die sich mit anderen Bereichen zu einer großen Wohnung zusammenfügt. Die BewohnerInnen nutzen einen kleinen Wohnbereich allein, andere Bereiche wie Ess-, Außen- und Sanitärbereiche u.a. hingegen werden von mehreren Wohnparteien gemeinsam genutzt. Auch Genossenschaften greifen gerne auf diese Form zurück.

Eine Hand wäscht die andere

Immer mehr Menschen machen von dem Konzept Wohnen für Hilfe Gebrauch. Gemeint ist ein Ausweg aus der Situation, dass viele ältere Menschen im Alltag auf Hilfe angewiesen sind – jedoch in den eigenen vier Wänden bleiben möchten – und dass viele Wohnungssuchende auf dem angespannten Wohnungsmarkt keine Wohnung finden, jedoch gerne helfend zur Hand gehen. Was liegt näher, als Hilfebedürftige mit Platz und Wohnungssuchende zusammenzubringen? Der „Untermieter“ zahlt keine Miete, oder zumindest nur eine geringe, stattdessen hilft er beim Einkaufen, Rasenmähen, Wäschewaschen etc. Dass Wohnen für Hilfe sich nicht nur im privaten Umfeld bewährt, sondern auch offiziell, zeigt das Beispiel aus Göttingen. Hier können Studierende, vermittelt durch die GDA Göttingen, im Seniorenheim günstig ein Zimmer mieten, wenn sie sich im Gegenzug mit einer festgelegten Stundenzahl bei anfallenden Tätigkeiten in den Heimalltag einbringen. Jedoch: Helfen muss nicht Arbeit bedeuten – es kann auch einfach die gemeinsam gekloppte Skatrunde oder das gemeinsame Feiern des Geburtstages sein.  

Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben – interessante Möglichkeiten, dem knappen Wohnraum in Deutschland zu begegnen

Weitere ungewöhnliche WGs

Die Idee, gut zusammenpassende Menschen für gemeinsames Wohnen zusammenzubringen, funktioniert natürlich nicht nur in der beschriebenen Beziehung „Jung-Alt“. Auch „Alt-Alt“ kann wunderbar zusammenpassen – man muss nur voneinander wissen. Dies ermöglicht u.a. die Plattform Gold-WG, die mögliche Wohnpartner ab 50 Jahre aufwärts miteinander in Kontakt bringt.

Der Vereinsamung im Alter etwas entgegensetzen können auch diejenigen, die sich für ein Wohnen mit verschiedenen Generationen entschließen. Wohnen in Mehrgenerationenhäusern, wo die Jüngeren von der Erfahrung der Älteren profitieren und die Älteren von den Jüngeren Unterstützung bekommen, stellt für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation dar. Auch Menschen, die unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten haben, teilen sich immer häufiger den Wohnraum. In integrativen oder inklusiven WGs wohnen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Wer mehr über den „ganz normalen Wohnsinn“ erfahren möchte, kann sich auf der Seite wohnsinn schlau machen.

Wer Arbeit und Privatleben nicht so strikt voneinander trennt, ist womöglich ein Kandidat für sogenanntes Co-Living. Das Unternehmen Rent24 etwa schafft für seine Angestellten gemeinsame Wohn- (Co-Living-) und gemeinsame Arbeits- (Co-Working-)plätze in ein und demselben Haus, sodass schnell zwischen Arbeiten und Wohnen gewechselt werden kann. Und das Unternehmen Roam bietet gar eine sogenannte Wohn-Flatrate an: Für 500 Dollar die Woche können vielreisende Angestellte Co-Living-Häuser, die das Unternehmen in London, Tokio, Miami und Bali bereithält, individuell mieten.

Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein …

Ähnlich dem Genossenschaftsmotto „Was einer nicht schafft, schaffen viele“ tun sich viele Wohnungssuchende zu Baugemeinschaften zusammen. So teilt man zuerst das Finanzielle und im Anschluss – wenn gewünscht – eine gewisse Fläche des Wohnraums. Eine Erfahrung, die verbindet. Denn meist liegen diesen Projekten gemeinsame ideelle Werte zugrunde, deren Erreichung im Team einfacher gelingt. Auf der „Grünen Insel“ im Schleswig-Holsteinischen St. Michaelisdonn entsteht zurzeit ein ganzheitliches Wohnquartier, das Menschen aller Generationen zusammenbringt, aber genauso Wert legt auf eine nachhaltige, ökologische Bauweise und Energieversorgung. Die Vermietung der Objekte erfolgt durch eine eigens dafür gegründete Genossenschaft. Hier wird der Anspruch an ein Miteinander auf Augenhöhe als auch an ein ressourcenschonendes Leben gemeinsam verwirklicht.

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Neubau ja – aber energetisch sinnvoll

Ob Tiny House oder Baugemeinschaft, ob öffentlicher Sektor oder Wohnungsbaugenossenschaften, eines gilt für alle: ab 2021 müssen alle Neubauten Null- oder Plusenergiehäuser sein, öffentliche Gebäude bereits seit diesem Jahr. Null - oder Plusenergiehäuser sind Gebäude, die im Jahresmittel keinen Brennstoff und keinen Strom mehr verbrauchen – was nur geht, wenn sie selbst Strom und Wärme produzieren, z.B. mit Solarzellen und Solarthermie auf dem Dach und in der Fassade. Bis 2050 soll der gesamte Gebäudebestand in Europa auf einen Niedrigstenergiestandard gebracht werden. Dies wird auch das Bauverhalten von uns Wohnungsbaugenossenschaften betreffen. Ein Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Baugenossenschaft HEGAU eG aus Singen, die bereits seit Jahren unter Einhaltung nachhaltiger und energieeffizienter Richtlinien baut. Mit ihren Mehrfamilienmiethäusern im Passivhausstandard ist die HEGAU eG Vorreiterin im Niedrigstenergie-Bausektor, mit umgesetzten Gewinnerentwürfen aus Architektenwettbewerben. Ein weiterer Vorteil des Passivhausstandards: Aufgrund des geringen Wärmebedarfs sind die Heizkosten pauschaliert in der Miete enthalten, Nachzahlungen fallen somit nicht an.

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